Virtuelle Haptik

Virtuelle Räume, Begegnungen, Bekanntschaften überschneiden sich in unserer Alltagserfahrung mit der haptisch erfahrbaren Welt. Was geschieht, wenn die physische nicht mehr von der virtuellen Welt unterschieden werden kann – öffnet sich ein „Dazwischenraum“, wie ihn Mischa Camenzind mit einer seiner Installationen beschreibt?
Das Virtuelle steht für denkbare, vorstellbare Möglichkeiten, die in der „Realität“ nicht vorhanden sind. Dagegen wird die analoge, haptisch erfahrbare Welt oftmals als real existierende Wirklichkeit, die wir mit unseren Mitmenschen teilen, verstanden. Doch teilen wir nicht auch das Virtuelle – oder gerade das Virtuelle – mit unseren Mitmenschen? Kann die physische, haptisch erfahrbare Welt noch von der virtuellen, vorstellbaren getrennt werden?
Gerade in der Kunst wird mit solchen Überschneidung gespielt und experimentiert. Die in diesem Raum gezeigten Kunstwerke bieten hierfür eine Auswahl. Dabei verweist der Raum selbst bereits auf die Dichotomie von virtueller und physischer Welt sowie gleichzeitig auf deren Aufhebung: Die Exponate standen in einer physischen Ausstellung, werden hier jedoch „bloss“ als digitale Fotografien in einem virtuellen Raum präsentiert.

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Rot-weisse Insel
2010, Interaktives Memorial für einen zukünftigen Ort der Vergangenheit,
«Kunst am Wasser», Muri b. Bern

Material: Bollenstein, QR-Code (sandgestrahlt, Sprayfarbe, 15 x 15 cm)
Blog: rotweisseinsel.ch

«Am Aareuferweg ist ein Stein mit einem rätselhaften Zeichen zu entdecken. Liest man das Zeichen – ein Quick-Response-Code – mit dem Handy ab, lernt man die «Rot-weisse Insel» kennen. Sie wird im Rahmen des Hochwasserschutz-Projekts «Aarewasser» einer Auenlandschaft weichen müssen und für immer verschwinden. Noch aber ist die «Rot-weisse Insel» vorhanden und kann real erkundet werden. Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, auf Rotweisseinsel.ch eigene Beiträge zu posten und ihre Sicht des Ortes zu verewigen.

Heute ist der Stein, der in gewisser Weise wie ein Zeuge aus der Vergangenheit anmutet, ein Bote der Zukunft. Er konfrontiert die Besucherinnen und Besucher damit, dass das Natur- und Freizeitparadies, in dem sie sich soeben befinden, keine Insel im Zeitgeschehen ist. Mindestens so stark wie durch die Kraft der Aare ist es durch menschliches Wirken steter Veränderung unterworfen. Die Intervention «Rot-weisse Insel» nutzt die ursprünglich für logistische Zwecke entwickelte Technologie des Mobile Tagging und vernetzt den topografischen Raum mit dem Internet. Sie lädt dazu ein, den Ort auf neue Weise zu erkunden und sein künftiges Verschwinden zu reflektieren.

Nach der Renaturierung sollen Stein und virtueller Anhang als Memorial eines verschwundenen Ortes am Aareufer erneut Platz finden.» (Katalogtext)

Foto: Rudolf Steiner

TAGs: Humor, interaktiv, Ironie, Kunst im öffentlichen Raum, Mobile Tagging, ortsspezifisch, QR-Code, Smartphone

Komm! Ins Offene, Freund!
Projektion auf Plakat

TAGs: Anziehung, Hölderlin, Loch, Natur, Plakat, Sog, Tiefe, Videoprojektion, überwuchert

dialog im schatten
Interaktive Medien-Installation
zum Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Hans Werner Henze

TAGs: Dialog, Installation, interaktiv, intermedial, Projektion, Schatten, Verwirrung

Where do earth and sky touch?
Video Installation, Leinwand 3,60 x 5m, Kinderschaukel, Video 7‘05“

TAGs: Architektur, Installation, Kunst am Bau, Raum, Video, Wandzeichnung, Zeichnung, Zeit

Tiefebene
Videoinstallation

TAGs: Fluss, Landschaft, Müll, Trompe l'oeil, Welt

Littau://Littau
2011, Stadtteilzentrum Fanghöfli, Luzern-Littau, Werkschau Design & Kunst, Hochschule Luzern

Material: 15 QR-Codes (Digitaldruck auf Vinyl transparent, 15 x 15 cm;
Fussbodenlaminat, 24 x 24 cm); 15 Videoclips zwischen 34'' und 12' (Gesamtlaufzeit 45')

«In Littau://Littau greift Silvana Iannetta mit dem Anbringen von Barcodes in den physischen Raum ein. Als sichtbare Spuren ihres Handelns sind sie im Zentrum Littaus, dem ‹Fanghöfli›, zu entdecken. Werden sie mit einem internetfähigen Handy eingescannt, verbinden sie die BetrachterInnen mit dem medialen Raum des World Wide Web. Videostreams spiegeln die reale Umgebung. Sie laden dazu ein, den von der Künstlerin mit der Handy-Kamera erzeugten Spuren der Bilder und Töne auch im physischen Raum zu folgen und ihn individuell zu erkunden. Reale und virtuelle Räume durchdringen und überlagern sich.

Littau://Littau untersucht das ästhetische Potential dieser Verquickung. Der Ort wird als Hypertext lesbar. In seinem Netzwerk von Spuren, die unendlich auf weitere Spuren verweisen, verfolgen Künstlerin und BetrachterInnen Fährten und hinterlassen eigene Spuren.» (aus dem Katalogtext)

Foto: Petra Wunderlich, Master Kunst Luzern

TAGs: Kunst im öffentlichen Raum, Mobile Tagging, ortsspezifisch, Performance, QR-Code, Smartphone, Video

Jesus
Licht-Installation, Kollaboration mit Dali Wu (F), Video-Animation, Jesus, 2007, Regionale 12, Kunsthalle Mulhouse

TAGs: Meer, stürmische See